Mittwoch, April 26, 2006

Reichstag - Christo 1995

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At Samstag, 01 Dezember, 2007, Blogger Lev R. Silber Blog said...

Autobiographisches

Ich wurde im Dezember des Jahres 53 in der Stadt Nischni Nowgorod geboren. Mein Vater arbeitete als Klempner in einer Fabrik, meine Mutter blieb mit mir zu Hause. Wir hatten ein kleines Haus mit Ofen. Auch ringsum gab es nur diese kleinen Häuser. Im Frühling überschwemmte das Schmelzwasser die Straße bis zu unserem Haus, und ich vertrieb mir die Zeit damit, Larven und Käfer zu fangen, Raupen zu füttern. Hunde, Tauben und Katzen waren meine Freunde, und Hund und Katze haben sich „nicht gestritten“. Ich war das einzige Kind meines Alters in dieser Gegend. Im Einklang mit der Natur und mit mir dachte ich lange, es gäbe nur gute Menschen. Ich wusste nichts von Religionen und Konfessionen. Mein Vater respektierte alle Gläubigen.
Dann kam ich zur Schule. Nach ihrer Beendigung studierte ich an der Mathematischen Fakultät der Universität bis 1977 und arbeitete als Programmierer in einem Rechenzentrum. Im selben Jahr kehrte mein Cousin aus Leningrad zurück, wo er an der Kunstschule studiert hatte. Seine Freundschaft wurde mir sehr wichtig. Er machte mich mit der Dichtung Walt Whitmans, Paul Eluards, Blaise Cendrars bekannt, ich sah Bilder von Chagall, van Gogh, Gauguin. Ich spielte Go. 1978 hatte ich vier Kyu. Und in eben diesem Jahr fiel mir Suzukis Buch „Grundladen des Zenbuddhismus“ in die Hand. Da beschloss ich, meine Arbeit als Programmierer aufzugeben und in den Kohlekessel zu gehen. Dort, am Ufer des Flusses, arbeitete ich ein halbes Jahr als Heizer. Diese Arbeit erinnerte mich an die Haiku-Dichtung:

Wie schön,
wie wundervoll,
ich schleppe Wasser, ich trage Feuerholz!


Ich las viel: die Bibel, Bunin, Tolstoi.... Die Abende verbrachte ich allein am Flussufer. Ich war glücklich....
Im Sommer des Jahres 1980 fuhr ich nach Kirgisien auf die Schneelawinenwarnungsstation. In einer Höhe von 3300 Metern gab es eine Überwinterungsstation. Ich war so überwältigt von der mich umgebenden Schönheit der Natur, dass ich mir von meinem ersten Gehalt eine Kamera kaufte. Jenes Licht, das Licht von Schnee, Himmel, Sternen erfüllte mich. Dort in den Bergen spürte ich die natürlichen Rhythmen des Menschenlebens, die nicht von der Natur trennbar sind: Tag und Nacht, den Mond, seinen Wechsel, die Jahreszeiten.

Dies ist mein letztes Haus,
In welchem ich leben werde.
Schnee fünf Fuß hoch....

Dort lernte ich begreifen, was mannshoher Schnee ist. Dann ist mein Freund in den Bergen verschollen. Vergeblich suchten wir ihn, und nur durch ein Wunder blieben wir selbst am Leben.... Danach kehrte ich im Herbst 1982 nach Nischni Nowgorod zurück.

Wieder in der Stadt suchte ich das „Licht“ und fühlte es: mal in alten, halbzerfallenen Wänden, mal in einem Kind, mal in einem alten Mann. Bei den Altgläubigen gefielen mir ihre Gesichter in Momenten unserer Gespräche. Die Gesichter verklärten sich. Nur in solchen Momenten habe ich fotografiert. Das ist es, was mich beim Fotografieren bewegt. Ich habe keine Falten in den Gesichtern gesehen, habe nicht gesehen, dass die Hauswände zerfallen waren: ich sehe nur das Licht. Dieses Licht will ich bewahren und weitergeben.


Lev Silber

 

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